Artikel:Krankenkassen: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Artikel befasst sich mit dem Unterschied zwischen medizinisch notwendigen Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und deren kostenfreien oder kostenpflichtigen Mehrleistungen andererseits, und hier insbesondere mit homöopathischen Behandlungen und Präparaten, und es werden die gesetzlichen Ausnahmeregelungen und privatrechtlichen Grundlagen dafür erklärt, die dies möglich machen. | <!-- TXT:Der Artikel listet die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen zur Homöopathie und beschreibt die gesetzlichen Sonderregelungen hierzu.@-->Der Artikel befasst sich mit dem Unterschied zwischen medizinisch notwendigen Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und deren kostenfreien oder kostenpflichtigen Mehrleistungen andererseits, und hier insbesondere mit homöopathischen Behandlungen und Präparaten, und es werden die gesetzlichen Ausnahmeregelungen und privatrechtlichen Grundlagen dafür erklärt, die dies möglich machen. | ||
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Version vom 5. Dezember 2020, 21:20 Uhr
Der Artikel befasst sich mit dem Unterschied zwischen medizinisch notwendigen Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und deren kostenfreien oder kostenpflichtigen Mehrleistungen andererseits, und hier insbesondere mit homöopathischen Behandlungen und Präparaten, und es werden die gesetzlichen Ausnahmeregelungen und privatrechtlichen Grundlagen dafür erklärt, die dies möglich machen.
Gesetzliche Grundlagen
Die Aufgaben der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sind im Sozialgesetzbuch V (SGB V) geregelt:
Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.[1]
Alle Versicherten haben den gleichen Leistungsanspruch, dessen Umfang im Sozialgesetzbuch V (SGB V) festgelegt ist. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.[2]
Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, nennt man IGeL-Leistungen (individuelle Gesundheitsleistungen). Diese sind von den Versicherten privat zu bezahlen. Zusätzlich zu den gesetzlich festgelegten Pflichtleistungen dürfen die Krankenkassen seit 2012[3] auch Mehrleistungen anbieten, die in den Satzungsregelungen der jeweiligen Krankenkasse festgelegt sind. Das sind beispielsweise:
- Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B oder Typhus
- Rufbereitschaft Hebamme
- Haushaltshilfe
- Professionelle Zahnreinigung
- Homöopathische Behandlungen und Präparate
Es gibt bei diesen Satzungsleistungen sinnvolle (z. B. Schutzimpfungen), aber auch solche ohne medizinischen Nutzen, wie z. B. homöopathische Präparate, deren Wirksamkeit als nicht gegeben angesehen werden kann[4] bzw. die nur in gleicher Größenordnung wie der Placebo-Effekt wirken. Einige Krankenkassen haben sich aus Wettbewerbsgründen dennoch entschieden, Leistungen ohne Nutzen zu bezuschussen. So schreibt z. B. die Siemens-Betriebskrankenkasse auf ihrer Homepage über die Motivation zur Bezuschussung:
Anhand zahlreicher Kundenrückmeldungen sehen wir, dass viele Kunden seit Jahren gute Erfahrungen mit Homöopathie machen. Dementsprechend wünschen sich Kunden diese alternative Behandlungsmethode auch von ihrer Krankenkasse. Trotz fehlender Nachweise zu Wirksamkeit und Nutzen (Evidenz) – die wir üblicherweise für eine Kostenübernahme voraussetzen – ist Homöopathie als besondere Therapierichtung nicht grundsätzlich von der Erststattungsfähigkeit durch die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen.[5]
Im Verlauf einer öffentlichen Diskussion mit der Techniker Krankenkasse (TKK), einer der beiden größten Gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland[6] gab diese ebenfalls an, dass ihr „kein Wirksamkeitsnachweis für die Homöopathie“ vorläge und, wie auch andere Kassen, dass die Erstattung homöopathischer Behandlungen und Präparate vorwiegend Marketing- und Wettbewerbsgründe habe.[7][8] Obwohl sowohl das SGB V wie auch das Arzneimittelgesetz wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise für die Erstattungsfähigkeit medizinischer Behandlungen fordern, nehmen sie seit 1997 im Rahmen des Binnenkonsens die sogenannten Besonderen Therapierichtungen davon aus.[9]
Übersicht: Leistungen zur Homöopathie
Inhalt und Umfang der Erstattungen für homöopathische Leistungen sind unterschiedlich.
Die Krankenkassen bezahlen homöopathische Leistungen in der Regel direkt an den homöopathisch tätigen Arzt. Abgerechnet wird ganz einfach über die Chipkarte.
Die meisten Krankenkassen bieten die Erstattung pseudomedizinischer Leistungen an. Nur fünf Krankenkassen bieten die Erstattung homöopathischer Leistungen explizit nicht an oder erwähnen sie auf ihren Webseiten nicht (Stand Juli 2019). Viele Krankenkassen weisen auf ihrer Homepage ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) hin. Viele geben auf ihrer Homepage an, dass Homöopathie erstattet wird, wenn folgende Punkte erfüllt werden:
- Erstanamnese
- Folgeanamnese
- Fallanalyse/Repertorisation und Beratungen
Es wird darauf hingewiesen, dass die Ärzte die Zusatzbezeichnung Homöopathie haben müssen, der Hinweis auf den DZVhÄ fehlt aber.
Einige Krankenkassen machen ungenaue Aussagen, z. B. dass die Erstattung von Homöopathie „nicht ausgeschlossen“ sei. Manche erstatten lediglich die homöopathischen Arzneimittel, meistens bis zu 100,- Euro/Jahr.
Die folgende Übersicht enthält nur Kassen, die der Allgemeinheit zugänglich sind, also keine Betriebskrankenkassen, die nur für Mitarbeiter offen stehen. In diese Kategorie fällt beispielsweise die Daimler BKK, die Homöopathie erstattet und auf ihrer Webseite auch auf ihre Zusammenarbeit mit dem DZVhÄ hinweist.[10]
Krankenkassen, die auf die Zusammenarbeit mit dem DZVhÄ hinweisen
Die folgenden Krankenkassen weisen (Stand: Juli 2019) auf ihrer Homepage ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit dem DZVhÄ hin:
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Krankenkassen, die unter konkreten Bedingungen Homöopathie erstatten
Diese Krankenkassen (Stand: Juli 2019) geben auf ihrer Homepage an, dass Homöopathie erstattet wird, wenn einer der Punkte Erstanamnese, Folgeanamnese oder Fallanalyse/Repertorisation und Beratungen erfüllt wird. Es wird darauf hingewiesen, dass die Ärzte die Zusatzbezeichnung Homöopathie haben müssen, der Hinweis auf den DZVhÄ fehlt aber.
| Krankenkassen, die unter konkreten Bedingungen Homöopathie erstatten | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Krankenkassen mit sehr vagen Hinweisen zur Erstattung der Homöopathie
Bei diesen Krankenkassen (Stand: Juli 2019) gibt es schwammig formulierte Aussagen, z.B. dass die Erstattung von Homöopathie „nicht ausgeschlossen“ sei. Manche erstatten lediglich die homöopathischen Präparate, meistens bis zu 100,- Euro/Jahr.
| Krankenkassen mit sehr vagen Hinweisen zur Erstattung der Homöopathie | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Krankenkassen, die keine Hinweise zur Erstattung von Homöopathie geben oder diese explizit ausschließen
Bei diesen Krankenkassen (Stand: Juli 2019) ist auf ihrer Homepage kein Hinweis auf Erstattung von homöopathischen Leistungen zu finden:
| Krankenkassen, die keine Hinweise zur Erstattung von Homöopathie angeben | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Selektivverträge
Selektivverträge werden zwischen einzelnen Krankenkassen und Leistungserbringern geschlossen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die bei der Ausgestaltung des Kollektivvertrages mitwirken, der für alle Krankenkassen und Leistungserbringer flächendeckend gilt, sind an Selektivverträgen nicht beteiligt. Ursprünglich waren die Selektivverträge für chronisch Kranke vorgesehen (Disease-Management-Programme), mittlerweile gibt es für viele Verfahren und Leistungen solche Verträge. Die Vergütung für Leistungen aus den Selektivverträgen erfolgt außerhalb der Gesamtvergütung (Budget).[11]
Es haben sich auf dem Gesundheitsmarkt viele sogenannte Managementgesellschaften etabliert, die die Lobbyarbeit für derartige Vertragsabschlüsse übernehmen. Im Falle der Homöopathie ist das die Managementgesellschaft des DZVhÄ mbH.[12] Zur Zeit haben ca. 1500 Ärzte (v. a. Allgemeinmediziner, Kinderärzte, Frauenärzte und Internisten) mit den Krankenkassen einen Selektivvertrag für Homöopathie.
Patienten müssen sich in der Regel für einen Selektivvertrag entscheiden. So ist beispielsweise bei der Barmer Ersatzkasse die gleichzeitige Teilnahme an einem Hausarztvertrag (einer anderen Form eines Selektivvertrages) nicht möglich.[13]
Arzneimittel
Damit Krankenkassen die Kosten für Arzneimittel übernehmen, muss deren Wirksamkeit nachgewiesen und müssen sie zugelassen worden sein – normalerweise. Es gibt im Arzneimittelgesetz[14] jedoch drei Ausnahmen:
- Homöopathie
- Anthroposophie
- Phytotherapie
Dieses Konstrukt nennt sich Besondere Therapierichtungen und beruht auf dem im Gesetz definierten Binnenkonsens. Deswegen ist bei Homöopathika nur eine Registrierung ohne einen Wirksamkeitsnachweis unter den üblichen Bedingungen der Medizin nötig. Diese Regelung ermöglicht es den Krankenkassen, Homöopathie und Homöopathika auch ohne Wirksamkeitsnachweis zu erstatten.
Homöopathische „Arzneimittel“ aus der Apotheke muss der Patient erst einmal selbst zahlen, bekommt dann aber unter Vorlage des Rezeptes und der Rechnung das Geld von seiner Krankenkasse erstattet.
Diese Praxis stellt insofern eine Besonderheit dar, da seit 2004 nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden. Bis dahin wurden alle Medikamente, die ein Arzt verordnet hatte, anstandslos von den Krankenkassen bezahlt. Dazu gehören z. B. Schmerzmittel bis zu einer bestimmten Dosierung, schleimlösende Medikamente bei chronisch Lungenkranken, Mund- und Rachentherapeutika bei Entzündungen und andere hilfreiche Arzneimittel.
Bei den Homöopathika wird eine Ausnahme gemacht, obwohl sie ebenfalls nicht verschreibungspflichtig sind.
Wirtschaftlichkeitsgebot
Die Krankenkassen stellen den Versicherten die genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (SGB V § 12)[2] zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.[15] Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der „Besonderen Therapierichtungen“ sind dabei indes nicht ausgeschlossen.
Dieses gesetzlich verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot wird in Bezug auf die Homöopathie derzeit von den Krankenkassen nicht eingehalten, denn es wird Geld für Leistungen ausgegeben, deren Wirkung über den Placeboeffekt nicht hinausgeht. Aus diesem Grund hatten sich die auf dem 100. Deutschen Ärztetag (Mai 1997) anwesenden Ärzte auch explizit gegen den Zugang der Besonderen Therapierichtungen zu den Leistungen des Sozialversicherungssystems ausgesprochen:
In letzter Minute in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachte Veränderungen ermöglichen sämtlichen Gruppierungen unkonventioneller Heilverfahren auf der Ebene der von ihnen reklamierten Binnenanerkennung in großem Umfang diagnostische und therapeutische Verfahren den Leistungen des Sozialversicherungssystems zugänglich zu machen.
Diese Verfahren halten einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit nicht stand und sprengen somit die Grenzen des ohnehin bis an den Rand der Leistungsfähigkeit strapazierten Sozialversicherungssystems. Es wird nicht verkannt, daß ein Teil der Bevölkerung sich zu dieser Art Diagnostik und Therapie hingezogen fühlt. Die Finanzierung dieser Wünsche kann jedoch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gehen, wenn man nicht die Grundlagen einer wissenschaftlich orientierten Medizin in Frage stellen will.
Die deutsche Ärzteschaft fordert daher die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, die (...) in letzter Minute in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Veränderungen im SGB V ersatzlos zu streichen.[16]
Selbst Claudia Witt, Professorin für Komplementärmedizin an der Uni Zürich, kommt nach Auswertung von Versorgungsstudien zu dem Schluss:
Es konnte nicht gezeigt werden, dass homöopathische Arzneimittel besser wirken als Placebo.[17]
Auch das Argument, die Krankenkassen könnten Geld sparen, wenn Patienten zum Homöopathen gingen, ist falsch. Das Gegenteil ist richtig, wie eine Arbeitsgruppe der Uni Zürich festgestellt hat. Daten von 44.550 Patienten wurden ausgewertet: Die Gesamtkosten lagen in der Homöopathiegruppe nach 18 Monaten höher (im Mittel bei 7.207 EUR) als in der Vergleichsgruppe (5.857 EUR). Das galt für alle Diagnosen.[18]
| Quellen- und Literaturangaben |
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